Ein internationales Forscherteam hat die Wirkweise eines neuen Antibiotikums entschlüsselt – mehr davon werden dringend gebraucht.
Der breite Einsatz von Antibiotika in der Medizin, aber auch in der Tiermast hat dazu geführt, dass zahlreiche Bakterien Resistenzen entwickelt haben. Die gängigen Antibiotika sind also machtlos gegen sie, was Tag für Tag zahlreiche Menschenleben kostet. „Vor allem die multiresistenten sogenannten Krankenhauskeime lassen sich kaum noch medikamentös bändigen“, berichtet der Mund-Kiefer-Gesichtschirurg Dr. Igor Stojanovski von der ParkPraxis in Berlin-Friedrichshain. „In den letzten Jahrzehnten wurde indes vergleichsweise wenig in die Erforschung neuer Antibiotika investiert, es besteht eklatanter Nachholbedarf.“
Diesen stillt nun ein internationales Forscherteam ein Stück weit. Beteiligt sind die Northeastern University in Boston (USA), die Universität Bonn, die Universität Utrecht (Niederlande), das Unternehmen NovoBiotic Pharmaceuticals aus Cambridge (USA) sowie das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF). Eine Liste, die bereits erahnen lässt, wie aufwendig sich die Fahndung nach neuen Wirkstoffen gestaltet. Frucht der Zusammenarbeit ist das neue Antibiotikum Clovibactin.
Ursprung in Bodenbakterium
Wie die Forscher im Fachjournal „Cell“ berichten, wird Clovibactin aus einem Bodenbakterium gewonnen, das im US-Bundesstaat North Carolina gefunden wurde. „Das neue Antibiotikum attackiert gleichzeitig an mehreren Stellen den Aufbau der bakteriellen Zellwand, indem es essenzielle Bausteine blockiert“, erläutert Prof. Dr. Tanja Schneider vom Institut für Pharmazeutische Mikrobiologie der Universität Bonn und des Universitätsklinikums Bonn. Clovibactin hefte sich „mit ungewöhnlicher Intensität“ an diese Bausteine und vernichte schließlich die bakterielle Zellhülle.
Das neue Antibiotikum wirkt gegen eine breite Palette von Keimen, wie in Modellstudien an Mäusen bereits praktisch belegt wurde. „Wir sind sehr zuversichtlich, dass die Bakterien nicht so schnell Resistenzen gegen Clovibactin entwickeln“, gibt sich Prof. Schneider optimistisch. Mediziner wie Patienten müssten jedoch zunächst noch Geduld aufbringen, denn „bis das neue Antibiotikum auf den Markt kommt, ist es noch ein weiter Weg“.