Um zwei Drittel nimmt das statistische Risiko, verfrüht an einem Herz-Kreislauf-Leiden zu sterben, zu, wenn man mehrere Zähne verloren hat.
Zwischen dem Mundraum und dem restlichen Organismus des Menschen wurden bereits vielzählige Wechselwirkungen festgestellt. Und doch sind die zugrunde liegenden Mechanismen noch immer weitgehend unbekannt. „Belegt ist: Gibt es im Mundraum dauerhafte Keimherde, finden die Bakterien häufig einen Weg in den Blutkreislauf. In der Folge können verschiedene systemische Erkrankungen begünstigt werden“, erklärt der Mund-Kiefer-Gesichtschirurg Dr. Igor Stojanovski von der ParkPraxis in Berlin-Friedrichshain.
So haben bereits mehrere Studien einen engen Zusammenhang zwischen Mundgesundheit und Herz-Kreislauf-Erkrankungen zutage gefördert. In diese Reihe gliedert sich auch eine Forschungsarbeit, die kürzlich von der Case Western Reserve University im US-Bundesstaat Ohio veröffentlicht wurde. Die Forscher sichteten die Studienlage mit Blick auf eine Korrelation zwischen der Zahl verlorener Zähne und dem Auftreten schwerer kardiovaskulärer Leiden. Von den vorliegenden Artikeln, die sich diesem Thema widmen, bestanden zwölf die Qualitätsprüfung und wurden ausgewertet.
Erhöhtes Sterberisiko
Die Ergebnisse der Analyse sind eindeutig: Wer mehrere Zähne verloren hat, unterliegt einem signifikant erhöhten Risiko, verfrüht an einer Herzkrankheit zu sterben. Im Schnitt der analysierten Studien beträgt die Risikoerhöhung 66 Prozent. Noch höher fällt sie bei Patienten aus, die über gar keine eigenen Zähne mehr verfügen. Eine Schwelle scheint bei zehn verbliebenen Zähnen zu liegen – darunter steigt das kardiovaskuläre Risiko deutlich an.
Auf welche Weise Mundraum und Herz-Kreislauf-System interagieren, können auch die US-Forscher nicht erklären. Ihre Ergebnisse bergen jedenfalls einen Appell, die Mundhygiene und Dentalgesundheits-Vorsorge ernst zu nehmen, wenn man lange leben möchte.
Das tut auch der Denkkraft gut, wie eine weitere neuere Studie offenbart. Ihr zufolge können orale (Parodontitis-)Bakterien ins Gehirn gelangen und dort eine Immunantwort triggern. Dadurch steigt das Risiko für geistigen Abbau und für neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer.