Süßwasseraustern produzieren einen Klebstoff, der wasserfest und sehr haltbar ist. Kanadische Forscher haben nun seine Zusammensetzung entschlüsselt und damit den Grundstein für eine synthetische Nachbildung gelegt, die auch in der Zahnimplantologie zum Einsatz kommen soll.
Die Süßwasserauster ist vor allem in afrikanischen Gewässern heimisch, wo sie von außen weiche, innen aber steinharte Riffe bildet. Zusammengehalten werden diese von einer Art Superkleber, den die Auster produziert und der naturgemäß wasserfest ist. Er verbindet nicht nur die Austern, sondern schließt auch Fremdkörper auf lange Zeit ein. Bisher war unklar, welches „Geheimnis“ dieser Klebekraft zugrunde liegt.
Ein Wissenschaftlerteam der University of Saskatchewan in Kanada hat das Rätsel nun mithilfe des „Canadian Light Source“-Teilchenbeschleunigers am Lawrence Berkeley National Laboratory gelöst. Die Röntgenstrahlen-Analyse offenbarte die Struktur des Austernklebers: Er besteht aus winzigen Partikeln eines Kalziumkarbonats („kohlensaurer Kalk“) namens Aragonit, die durch Proteine verbunden sind und vielgestaltige Kristalle bilden. Bei deren Größe und Form scheint der Zufall eine große Rolle zu spielen.
„Viele Ähnlichkeiten mit unseren Zähnen und Knochen“
Mit diesen Erkenntnissen wird es möglich, den Klebstoff für eine Vielzahl von Anwendungen synthetisch nachzubauen. Ganz oben auf der Liste: die Befestigung von Zahnimplantaten, die dadurch noch langlebiger werden könnten. „Austernschalen sind nicht genau wie unsere Zähne und Knochen, aber es gibt viele Ähnlichkeiten“, erläutert Co-Studienautorin Rebecca Metzler, Professorin für Physik an der Colgate University. „Wenn der Klebstoff also bei Austernschalen funktioniert, könnte er vielleicht auch menschliche Knochen und Zähne fixieren.“ Daneben werde ein Kleber mit so hervorragenden Eigenschaften auch in der Industrie nachgefragt, etwa im Auto- oder Schiffbau.
Schon die heutigen Zahnimplantate erreichen in der Regel eine jahrzehntelange Lebensdauer. „Weniger als jedes 20. Zahnimplantat wird im Laufe der Zeit funktionsunfähig. Und das bildet überwiegend die früheren Implantatgenerationen ab, die modernen sind noch einmal deutlich stabiler“, betont der Mund-Kiefer-Gesichtschirurg und erfahrene Implantologe Dr. Igor Stojanovski von der ParkPraxis in Berlin-Friedrichshain. Wenn diese Erfolgsbilanz durch Austernkleber-Nachbildungen noch weiter optimiert werden kann – umso besser.