Sind Zungenschaber medizinisch sinnvoll?

Seit Videos auf TikTok die Segnungen der Zungenreinigung mit großer Reichweite vorstellen, greifen insbesondere junge Menschen vermehrt zum Zungenschaber. Dessen medizinische Wirkungen sind umstritten.

In Deutschland begrenzt sich die Mundhygiene traditionell aufs Zähneputzen, seit einigen Jahren verstärkt flankiert von Zahnseide und vielleicht noch Zahnzwischenraumbürsten. Zungenschaber finden sich hierzulande dagegen noch in eher wenigen Badezimmern. In anderen Weltregionen aber ist die Zungenreinigung ein festes tägliches Ritual. Und ein Trend auf der Videoplattform TikTok tut einiges dafür, dass sich diese Hygieneroutine auch in Deutschland verbreitet – vor allem unter jungen Menschen, der Hauptnutzergruppe von TikTok.

Zur Zungenreinigung wird mit einem harten Schaber möglichst weit hinten angesetzt und dann der weißliche Belag nach vorne abgerieben, gemeinhin für eine knappe halbe Minute. Wie die millionenfach geklickten TikTok-Videos propagieren, wird Mundgeruch dadurch ganz wesentlich reduziert und zudem die Mundhygiene verbessert. Doch ist das regelmäßige Zungenschaben wirklich vorteilhaft für die orale Gesundheit?

Verlässliche Studien dazu gibt es bisher nicht
Valide klinische Studien mit einer aussagekräftigen Teilnehmerzahl zur Frage, wie sich eine tägliche Zungenreinigung auf die Mundgesundheit auswirkt, sucht man vergebens. „Es gibt Argumente dafür und dagegen“, fasst der Mund-Kiefer-Gesichtschirurg Dr. Igor Stojanovski von der ParkPraxis in Berlin-Friedrichshain die Fachmediziner-Sicht zusammen. „Wenn der Biofilm von der Zunge regelmäßig entfernt wird, sinkt auch das Risiko durch schädliche Bakterien, die Krankheiten auslösen können. Auf der anderen Seite werden aber auch für den Stoffwechsel nützliche Bakterien beseitigt.“ Hinzu komme das Risiko, sich durch das Schaben blutige Verletzungen zuzuziehen.

Und der Mundgeruch? Gegen den kann die tägliche Zungenreinigung tatsächlich ein Mittel sein – sofern er maßgeblich von Bakterien auf der Zunge verursacht wird. Anders verhält es sich, falls Säureflux, Karies oder eine Mandelentzündung für den schlechten Atem verantwortlich ist. Wer unter hartnäckigem Mundgeruch leidet, sollte die Ursache dafür sicherheitshalber fachärztlich abklären lassen.