Speichel kann für haltbarere Implantate sorgen

Von zentraler Bedeutung für die Haltbarkeit eines Implantats ist, wie gut es mit dem Kiefergewebe verwächst. Dieser Vorgang wird durch ein Speichelpeptid wesentlich beschleunigt und verbessert, wie eine neue Studie belegt.

Damit Implantate – wie es in der Regel der Fall ist – jahrzehntelang zuverlässig ihren Trägerdienst verrichten, muss die Osseointegration erfolgreich verlaufen. Mit diesem Fachbegriff wird das „Verwachsen“ des Implantats mit dem umliegenden Gewebe bezeichnet. Die Knochenzellen umschließen die künstliche Zahnwurzel und haften an deren Oberfläche, was ihr den besonders sicheren Halt verleiht. Verläuft die Osseointegration nicht planmäßig, kann die Implantatstabilität darunter leiden. Zudem können Bakterien leichter eindringen und eine Periimplantitis auslösen.

„Den Prozess der Osseointegration zu optimieren ist eines der obersten Anliegen der implantologischen Forschung“, erläutert der Mund-Kiefer-Gesichtschirurg Dr. Igor Stojanovski, der in der ParkPraxis in Berlin-Friedrichshain praktiziert. Der erfahrene Implantologe kennt die üblichen Risikofaktoren, die einer gelungenen Osseointegration entgegenstehen können, vom Rauchen bis zur Einnahme bestimmter Medikamente wie Protonenpumpenhemmer. Umso reger ist sein Interesse an einem Forschungsansatz, den niederländische Wissenschaftler verfolgen und der in der Fachwelt für Aufsehen sorgt.

Haftwirkung verdoppelt

Das Speichelpeptid Histanin-1 (Peptide sind gewissermaßen die „kleinen Brüder“ der Proteine) hat besondere Eigenschaften, die bereits seit längerer Zeit bekannt sind: Es beschleunigt das Wachstum und die Verbindung von Zellen. Die Forscher vom Academic Medical Center in Amsterdam wollten herausfinden, ob diese Wirkung auch im Zusammenspiel mit Titan auftritt, dem Material, aus dem die meisten Implantate bestehen. Zu diesem Zweck trugen sie auf Titanscheiben Zellen von Menschen und Tieren auf; die Hälfte der Zellen war mit Histanin-1 angereichert.

Der Effekt ist vielversprechend: Schon drei Stunden nach dem Auftragen hafteten die mit Histanin-1 versetzten Zellen doppelt so fest am Titan wie die „normalen“ Zellen. Das berechtigt zu der Hoffnung, dass das beschleunigte Zellwachstum und die verbesserte Haftwirkung auch die Osseointegration vereinfachen könnten. Zudem verweist das Forscherteam um Irene van Dijk auf eine stärkere Barrierefunktion gegenüber Eindringlingen wie Keimen.

Da es sich zunächst noch um Grundlagenforschung handelt, wird bis zum Praxiseinsatz des Speichelpeptids noch einige Zeit vergehen. Als Nächstes stehen In-vitro-Tests an; parallel suchen die Forscher nach einem Unternehmen, das Interesse an einer Vermarktung des entstehenden Produkts hat. Mittelfristig dürfte Speichel damit zum implantologischen Hilfsmittel aufsteigen.