Antibiotika-Verordnungen rückläufig – gut so!

Wie der aktuelle Versorgungsatlas belegt, werden immer weniger Antibiotika verschrieben. Angesichts der beträchtlichen Risiken der Wirkstoffe ist diese Entwicklung zu begrüßen.

Unzählige Menschenleben wurden durch Antibiotika gerettet, seit Paul Ehrlich 1910 mit Arsphenamin das erste Schmalspektrum-Antibiotikum entdeckte. Kaum eine medizinische Wirkstoffgruppe gilt als vergleichbar segensreich.

Doch die breite Einsatzfähigkeit bei Infektionskrankheiten hat Antibiotika in den letzten Jahrzehnten gewissermaßen zu beliebt gemacht. Viele Mediziner verschrieben die Arznei ohne weitere Bedenken auch bei eher geringfügigen Infekten. In einer solchen laxen Verordnungspraxis liegen gewisse Risiken.

„Der ausufernde Antibiotikaeinsatz, nicht nur in der Humanmedizin, auch in der Tiermast, hat in den letzten Jahren verstärkt zu Resistenzen geführt. Bakterien verändern sich so, dass sie gegen bestimmte Antibiotika immun sind – manche sogenannten ‚Supererreger‘ lassen sich sogar mit keinem der heute bekannten Antibiotika mehr bekämpfen“, erläutert der Mund-Kiefer-Gesichtschirurg und Implantologe Dr. Igor Stojanovski von der ParkPraxis in Berlin-Friedrichshain. „Daher ist schon die immunologische Gefährdung der Gesamtbevölkerung Grund genug, Antibiotika nur sehr gezielt und begrenzt einzusetzen.“

Neben der Resistenzenbildung sprechen auch die möglichen Nebenwirkungen gegen einen freigiebigen Umgang mit Antibiotika. So wird beispielsweise die Darmflora häufig empfindlich gestört, was zu Durchfall führen kann. Auch allergische Reaktionen und Pilzinfektionen können auftreten. Es gibt Hinweise auf eine Vielzahl weiterer Nebenwirkungen, die derzeit aber noch erforscht werden.

Verschreibungen nahmen um 21 Prozent ab
Ein kritisches Bewusstsein gegenüber Antibiotika scheint sich in der deutschen Medizinerschaft verstärkt herauszubilden. Das zeigt der Versorgungsatlas des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI). Ihm zufolge wurden gesetzlich versicherten Patienten im Jahr 2018 rund 21 Prozent weniger Antibiotika verschrieben als 2010, nämlich 446 gegenüber 562 Verordnungen pro 1.000 Versicherten. Besonders stark fiel der Rückgang mit 41 Prozent bei Kindern und Jugendlichen bis 14 Jahren aus, bei unter Einjährigen belief er sich sogar auf fast die Hälfte.

„Der Rückgang markiert eine begrüßenswerte Tendenz, hin zu einem verantwortungsvolleren Umgang mit einer hochpotenten Arznei“, kommentiert Dr. Stojanovski die Entwicklung.